Münchner Informatiktag

  • Um kurz nach sieben steige ich in den Franken-Thüringen-Express nach Nürnberg, wo ich in den verspäteten ICE nach München umsteige – der aber nicht spät genug war, als dass ich auf die nunmehr schnellere Verbindung hätte wechseln dürfen. Folglich komme ich mit einer Verspätung von 15 Minuten im "Seminarraum 1" im dritten Stock an.

    Andreas Butz, Professor für Mensch-Maschine-Interaktion an der Ludwig-Maximilians-Universität München, referiert über Präattentive Wahrnehmung (ein Konzept, dank welchem Farben, Formen oder anderes schon bei kurzem Hinsehen ins Auge stechen können) und veranschaulicht im Anschluss mit einem kleinen Experiment, warum Mensch-Maschine-Interaktion ein Problem darstellt und man nicht einfach alles "intuitiv" gestalten kann: Er fragt die 27 Anwesenden, in welche Richtung sie zwei drehbare Wasserhähne (einen rechts vom Hahn für kaltes und einen links für warmes Wasser) zudrehen würden. Es herrscht geteilte Meinung, ob man beide im oder gegen den Uhrzeigersinn oder nach innen oder außen drehen muss. In einer kurzen praktischen Übung sollen die Teilnehmenden auf einem Blatt Papier skizzieren, wie sie einen Währungsrechner gestalten würden.

    Daraufhin schneidet er mehrere weitere Konzepte an. Constraints – unter anderem physikalische – können Nutzende daran hindern, Fehler zu tätigen, beispielsweise indem sich eine ungültige Konfiguration dank des Designs des Interfaces gar nicht einstellen lässt. Mappings kommen zum Einsatz, wenn zum Beispiel durch die Anordnung von Knöpfen im Aufzug oder Drehern am Herd vermittelt wird, welche wofür stehen. Wenn etwas, wie ein Wasserhahn, durch seine Form vermitteln kann, wie man es bedienen kann, spricht man von affordances. Konsistenz ist das, was man in der Physik wohl Kausalität nennen würde – ähnliches funktioniert ähnlich, es ist also vorteilhaft, wenn Bestätigungsdialoge den gleichen Knopf immer an die gleiche Stelle legen. Ein für viele Benutzergruppen zugängliches Interface sollte eine hohe Flexibilität haben, und zudem noch eine hohe Fehlertoleranz, wobei Bedienfehler einfach zu beheben sind.

    In den letzten paar Minuten trägt er uns auf, eine To-Do-Software zu planen, die wir am Nachmittag umsetzen sollen. Es macht Spaß, ein paar eigene Ideen zu dieser schon so oft implementierten Kategorie an Werkzeug zu sammeln.

    Ein Bus bringt uns zur Firma QAware. Nach einem Mittagessen ("Alles auf QAware!") setzten wir uns in Gruppen an Laptops und werden nach einer kurzen Einführung aufgefordert, eine Login-Maske mit C# in Visual Studio zu gestalten – es scheint keine Absprache mit Herrn Professor Butz stattgefunden zu haben. Die neue Aufgabe ist jedoch eher langweilig, da sie so keinen praktischen Nutzen hat. Zudem arbeite ich nur sehr ungern mit dieser Programmiersprache, da sie von Microsoft entwickelt worden ist. Zusammen mit meiner Nachbarin stelle ich nach der Arbeitsphase eine mäßig gestaltete und nicht voll funktionsfähige Login-Maske vor. Die zu beantwortende Frage "Hat es Spaß gemacht?" muss ich wahrheitsgemäß mit "Nein" beantworten, da der Nachmittag eher an den Informatikunterricht in der Schule erinnert hat, indem er mindestens genau so langweilig, aber noch deutlich länger war, als dass er einen Anspruch hatte, den ich für Menschen mit der Absicht, an der zweiten Runde des Bundeswettbewerbs Informatik teilzunehmen, erwartet hätte.

    Die Betreuer möchten gerne überziehen, aber ich habe wirklich keine Zeit mehr. Nach einer Werbung für das Schülerstipendium der Firma und vor einer Feedback-Runde muss ich zur U-Bahn hasten. Unabhängig davon verpasse ich letztendlich meinen Anschluss in Rottendorf. Meine Mutter hat es anscheinend nicht gern, wenn ich dort um halb zehn spazieren gehe, aber wenigstens erhalte ich bei Gelegenheit 25% des Rückfahrtteilpreises zurück.

    Während der Vormittag mit dem Vortrag sehr interessant war, wirkte der Nachmittag zusammenhanglos. Statt an die begonnene Arbeit anzuknüpfen, schien das Hauptziel eher eine positive Darstellung der Firma QAware gewesen zu sein, nicht zuletzt wegen der vielen Werbemittel (Block, Kuli, Sticker, Flyer, externer Akku, d. h. Powerbank), die man uns zukommen lassen hat. Die meisten Teilnehmenden waren dennoch begeistert.

    Bearbeitung am 8. und 9. Januar 2020: Bemühungen um gerechte Sprache und weitere sprachliche Verbesserungen

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