Professor Lengauer arbeitet im Bereich Bioinformatik.

„Die Bioinformatik verwendet Computermethoden, um aus molekularen biologischen Daten basierend auf der Erbinformation der Lebewesen Erkenntnisse über Strukturen und Prozesse des Lebens zu gewinnen.“

Im (aktuellen) Beruf seit: 2001 (Professor für Informatik seit 1984)

Alter: 56

Werdegang:

  • 1975 Diplom in Mathematik (Freie Universität Berlin)
  • 1976 Dr. rer. nat. in Mathematik (Freie Universität Berlin)
  • 1977 Master of Science (Stanford University, Kalifornien)
  • 1979 Ph.D. Computer Science (Stanford University, Kalifornien)
  • 1984 Habilitation in Informatik an der Universität des Saarlandes
  • seit 1984 Informatik-Professor, zunächst in Paderborn, dann in Bonn, jetzt in Saarbrücken
  • In den achtziger Jahren Forschungen über den Entwurf integrierter Schaltungen, damals zusammen mit der Nixdorf-Computer GmbH
  • 1992-2001 Direktor am Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen (SCAI) des Forschungszentrums Informationstechnik (GMD) in Sankt Augustin bei Bonn. Dort nahm ich meine Forschungen über Bioinformatik auf
  • seit 2001 Direktor am Max-Planck Institut für Informatik in Saarbrücken

Welchen Beruf üben Sie momentan aus? In welchem (Forschungs-)Gebiet arbeiten Sie zur Zeit?
Direktor am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken und Professor an der Universität des Saarlandes und der Universität Bonn. Das Forschungsgebiet ist die Bioinformatik. Die Bioinformatik verwendet Computermethoden, um aus molekularen biologischen Daten basierend auf der Erbinformation der Lebewesen Erkenntnisse über Strukturen und Prozesse des Lebens zu gewinnen.

Wie wurde Ihr Interesse an der Informatik geweckt? Was sind Ihre ersten (aktiven) Erfahrungen mit Informatik?
Ich hatte als Schüler eine Nebentätigkeit am Hahn-Meitner-Institut für Kernforschung, Berlin. Dort habe ich Programmieren gelernt.

Wie wurde Ihr Interesse für den Beruf bzw. das Gebiet geweckt? Hatten/haben Sie selber ein „Informatik-Vorbild“ – wenn ja, wen und warum?
Mich hat die Neugier an den wissenschaftlichen Grundlagen zur Mathematik getrieben, und die Informatik wurde damals vor allem als die maschinelle Umsetzung der Mathematik angesehen. Ich hatte auch als Schüler schon ausgeprägte biologische und medizinische Interessen, habe sie aber erst zwei Jahrzehnte später beruflich umgesetzt. Meine Dissertation an der Freien Universität Berlin beschäftigte sich mit „Petri-Netzen“, einem mathematischen Modell für in der Zeit nebenläufig ablaufende Vorgänge. Deshalb war in dieser Zeit naturgemäß der Erfinder der Petri-Netze, Carl-Adam Petri, eine Orientierungsgröße für mich.

Was war Ihr größter Erfolg in Ihrem Beruf?
Der zeitgerechte Einstieg in die Bioinformatik und die erfolgreiche Mitwirkung beim Aufbau der Bioinformatik in Deutschland und international. (Dieser Erfolg wurde auch mit Preisen gewürdigt.)

Was fasziniert Sie an Ihrer Arbeit am meisten?
Die ständig neuen Einblicke in die molekularen Mechanismen des Lebens, sowie die Tatsache, dass die Fortschritte der Bioinformatik ohne große Verzögerung bis in den (Patienten-)Alltag hinein reichen können.

In welchem Rahmen ist Informatik für Ihren Beruf notwendig?
Informatik ist eine der beiden Säulen meiner interdisziplinären Tätigkeit. Die andere bilden die Naturwissenschaften Biologie, Physik und Chemie sowie die Medizin.

Welche Informatik-Systeme bzw. -Werkzeuge (Software, Kommunikationsgeräte,…) nutzen Sie für Ihre Arbeit?
Für die Forschung und Entwicklung: Bibliotheken von Algorithmen und statistischen Methoden, Datenbanksysteme, Internet-Technologie und das World-Wide-Web, Standard Computerarchitektur, Computer-Cluster für aufwändigere Rechnungen. Für die Verwaltung und Kommunikation:  Moderne Standard-technologie (PC, Palmtop, Drahtlose Netze, weitgehend papierloses Büro.

Nennen Sie drei wichtige Voraussetzungen für Ihren Beruf?
1. Interdisziplinäre Kenntnisse, Interessen und Fähigkeiten.
2. Die Fähigkeit, eine größere Arbeitsgruppe wissenschaftlich zu leiten.
3. Herausfordernde aber gleichzeitig realistische Visionen für die Entwicklung der Forschung.

Kurze Beschreibung ihrer Forschungseinrichtung:
Die Max-Planck Gesellschaft ist die wichtigste deutsche Gesellschaft zur Förderung von Grundlagenforschung. Sie hat etwa 80 Institute, vor allem im Bereich Nautr- und Geisteswissenschaften. Das Institut für Informatik wurde 1990 gegründet und war bis vor kurzem das einzige Max-Planck-Institut, das sich ausschließlich der Informatik widmete. Im Jahr 2004 wurd als zweites derartiges Institut das Max-Planck-Institut für Softwaresysteme (Kaiserslautern/Saarbrücken) gegründet. Das Max-Planck Institut für Informatik hat fünf Abteilungen. Ich leite die Abteilung 3 – Bioinformatik und Angewandte Algorithmik.

Was bedeutet Informatik für Sie?
Informatik ist die Grundlage für meine Forschung, aber auch für meine Informationsbeschaffung und Kommunikation. Sie ist für mich dennoch eine Hilfswissenschaft wie die Mathematik, die den Fortschritt in anderen wissenschaftlichen Bereichen erheblich beschleunigen kann und zum Teil sogar erst ermöglicht. In meinem Fall hilft die Informatik, wichtige biologische und medizinische Kenntnisse zu erlangen.  Die Informatik kann in anderen Disziplinen wirksam als hoch-intelligentes Vorschlagsinstrument und als „Geistesverstärker“ eingesetzt werden.

Nennen Sie uns Ihr „originellstes“ Erlebnis mit Informatik:
Ein Mitarbeiter meiner Arbeitsgruppe hat einmal für eine medizinische Gruppe die dreidimensionale Struktur eines Proteins (Eiweißmoleküls) vorherzusagen versucht. Dafür gibt es spezielle Computermethoden, die er angewandt hat. Heraus kam eine Struktur, die meinem Mitarbeiter höchst unplausibel erschien, da er die Struktur eines Proteins an der Zelloberfläche vorherzusagen hatte, die vorhergesagte Struktur aber einem bestimmten Enzym glich, das im Zellinnern wirkt. In der Diskussion mit dem medizinischen Auftraggeber stellte sich jedoch heraus, dass genau die vorgesagte Enzymstruktur durch weitere experimentelle Befunde, die meinem Mitarbeiter nicht mitgeteilt worden waren, weil sie den Medizinern damals als mysteriös und problematisch erschienen, massiv untermauert wurde. Die Computeranalyse ist also unvoreingenommener an das Problem herangegangen als die Forscher. Und genau diese unerwartete Vorhersage hatte bis dato unerklärliche experimentelle Ergebnisse der medizinischen Kooperationspartner interpretieren können. Das zeigt, wie mächtig der Computer als Vorschlagsinstrument sein kann.

Kontaktdaten:

URL: http://www.mpi-inf.mpg.de
E-Mail-Adresse: lengauer@mpi-sb.mpg.de
Post-Adresse: Stuhlsatzenhausweg 85, 66123 Saarbrücken
Telefonnummer: 0681 / 9325 300
Fax-Nummer: 0681 / 9325 399